Wein: Man trinkt deutsch

Mittwoch, 08. April 2015
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Am Weinregal sind heimische Weine gefragt. Welche Trends und Verbraucherbedürfnisse dabei eine Rolle spielen und wie sich der Handel gegenüber den Discountern profilieren kann.

Riesling, Pinot Grigio, Bordeaux und Spätburgunder – die Weinvielfalt im deutschen Lebensmittelhandel ist groß und abwechslungsreich. Das Schöne dabei: Rund drei Viertel aller Weine werden laut dem Deutschen Weininstitut im Lebensmittelhandel gekauft. Dabei muss man hinzufügen, dass auch anlassbezogen gekauft wird. Sprich: Wenn es etwas Besseres sein darf, wird auch gerne der Weinfachhandel oder der Winzer favorisiert.

Das größte Geschäft mit Wein machen allerdings die Discounter. Fast jede zweite Flasche Wein geht dort über das Kassenband. Doch die anderen Player holen auf, wie das Deutsche Weininstitut mitteilt. So haben die Vollsortimenter (unter 5.000 qm) ihre Marktanteile an den eingekauften Weinmengen seit 2011 von elf Prozent auf 14 Prozent steigern können. Noch deutlicher waren die Wachstumsraten beim Umsatz in den vergangenen drei Jahren: Die Umsatzanteile stiegen im Zeitraum 2012 bis 2014 von acht Prozent auf zwölf Prozent. Die Verbrauchermärkte hatten 2012 und 2013 noch einen Mengenmarktanteil von 13 Prozent. Im vergangenen Jahr haben sie jedoch zwei Prozentpunkte verloren. Der Marktanteil am Umsatz lag 2012 bei zehn Prozent, stieg 2013 auf elf Prozent und ging im vergangenen Jahr wieder auf zehn Prozent zurück. Die Steigerungen in den Supermärkten sind stark auf höhere Abverkäufe von deutschen Weinen zurückzuführen, die bereits 2013 in diesem Vertriebskanal in Menge und Wert um 15 Prozent wuchsen und auch 2014 noch einmal jeweils fünf Prozent drauflegen konnten.

Vom Fachhandel zum LEH

Das Deutsche Weininstitut kommentiert diese Entwicklung so: „Wir stellen fest, dass immer mehr Filialen der Einzelhandelsketten versuchen, sich über ein gutes Weinsortiment zu profilieren.“ Dabei ist interessant, dass die Verbraucher dem allgemeinen Einkaufstrend folgend auch im Weinsegment verstärkt auf heimische und regionale Produkte zurückgreifen. Der Einkauf von deutschen Weinen habe sich dadurch ein Stück weit vom Fachhandel und Direktbezug vom Erzeuger zum Lebensmitteleinzelhandel verlagert.

Die heimischen Weine sind mit einem Marktanteil von 45 Prozent am Weinabsatz auch deutlicher Marktführer, so das Deutsche Weininstitut. An zweiter Stelle folgt Frankreich mit einem Anteil von 15 Prozent der eingekauften Weine, danach folgen Italien mit 14 Prozent und Spanien mit acht Prozent. Deutsche Weine stehen beim Deutschen also hoch im Kurs und sollten daher in keinem Regal fehlen. 

Weißwein bevorzugt

Wenn es um die Rebsorte geht, dann lässt sich nach Angaben des Deutschen Weininstituts folgendes feststellen: Weißwein wird bei den Deutschen immer beliebter. Der seit einigen Jahren zu beobachtende Trend zum höheren Weißweinkonsum setzt sich seit 2014 fort. Mittlerweile generieren die Weißweine 42 Prozent des Absatzes, ein Prozentpunkt mehr im Vergleich zum Vorjahr. Riesling ist die Nummer eins im Weißweinsegment, bei den Verbrauchern liegen aber auch Grau- und Weißburgunder in den letzten Jahren stärker im Trend. Reh Kendermann hat daher zur ProWein passend zu diesem Verbrauchertrend sein Sortiment um einen Weißburgunder erweitert. Zudem baut der Weinproduzent mit einer internationalen Range deutscher Terroir-Weine seine Riesling- und Grauburgunder-Expertise im Premium-Segment weiter aus. Dennoch: Die deutschen Verbraucher kaufen immer noch am häufigsten Rotwein. Der Anteil liegt hier bei 48 Prozent, wie das Deutsche Weininstitut angibt. Die größte Marktbedeutung hat der Spätburgunder und der Dornfelder. Zudem legten die Roséweine von neun auf zehn Prozent Marktanteil zu.

Leicht und nachhaltig

Dem Trend zu einer bewussteren Ernährung folgend sind leichte Weißweine stärker gefragt. „Die Weine haben trotz vergleichsweise geringer Alkoholgehalte eine große geschmackliche Fülle, mit einem angenehmen Wechselspiel von frischer Fruchtsäure und sortentypischer Aromatik“, so das Deutsche Weininstitut. Somit sind leichte Weißweine ideale Begleiter zur leichten Küche und setzen so weitere Impulse im Regal. In leichten und fruchtigen Sommerweinen sieht die Winzergemeinschaft Franken (GWF) ebenfalls eine Stoßrichtung. Mit der Linie „Sommerzeit“ und „die jungen frank’n“ bietet sie hierfür die passenden Weine an. Besonders das Jungweinsortiment sei mit 1,2 Millionen verkauften Flaschen pro Jahr der Bestseller der GWF. 

Und der Trend geht zu trockenen Weinen. Im vergangenen Jahr wurden laut dem Deutschen Weininstitut 44 Prozent aller heimischer Qualitäts- und Prädikatsweine in der trockenen Geschmacksrichtung abgefüllt. Diesen Trend kann auch Henkell bestätigen. „Trockene Rieslinge sind immer noch die Bestseller, aber die Vielfalt des Rieslings wird auch wieder geschätzt“, sagt Christian Witte, Domänenverwalter Schloss Johannisberg. Besonders feinherbe Rieslinge haben sich in den letzten Jahren gut neben den trockenen Varianten entwickelt. Zudem sieht das Deutsche Weininstitut im ökologischen und biodynamischen Weinbau attraktive Chancen. Ein Trend, der sich sowohl von Seiten der Erzeuger als auch von der Nachfrageseite weiter fortsetzen wird. „Es sind sowohl die jüngeren Verbraucher wie auch die etablierten Konsumenten, die gerne zum Biowein greifen“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. 

Auch das Thema Convenience ist im Weinsegment angekommen. Im hektischen Alltag setzen Verbraucher verstärkt auf Convenience und auf Produkte, die schnell und einfach zu handhaben sind. Das Verbraucherbedürfnis nach convenienten Lösungen hat sich Reh Kendermann zunutze gemacht und bringt die erste Weinschorle als Premix auf den Markt. Die Weinschorle-Marke „Strandgut“ ist als weiße und Rosé-Variante erhältlich.

Differenzierung und Profilierung

Fakt ist, der meiste Wein wird im Discount gekauft – fast jede zweite Flasche geht dort über den Scanner. Um sich von Aldi & Co. abzusetzen, ist daher Differenzierung und Profilierung gefragt. „Man kann sich nur nach oben absetzen, den Preiskampf im unteren Segment kann man nicht gewinnen“, sagt Christian Witte, Domänenverwalter Schloss Johannisberg. „Der Handel bietet Dry- Aged-Beef und hochwertigen Fisch aus nachhaltiger Fischerei, dazu muss auch das Weinsortiment angepasst werden.“ In Marke und Qualität sieht auch Freixenet einen Weg, den der Handel beschreiten sollte. „Aufgrund der zunehmenden Fragmentierung der Weinsortimente wird in Zukunft die Bedeutung von Weinmarken im Lebensmittelhandel weiter zunehmen“, erklärt dazu Dr. Hans-Joachim Momm, Geschäftsführer von Freixenet. „Der Handel ist gut beraten, werthaltige Umsatzträger und Qualitätsmarken im Weinregal optimal zu platzieren und die Wertschöpfung seiner Weinabteilung strategisch zu justieren.“ Nachhaltigen Erfolg können nur die Händler haben, die dem Konsumenten einen erkennbaren und relevanten Mehrwert bieten wie etwa ein optimales Geschmacksprofil, Verzehrempfehlungen, attraktive Aktionen, eine vertrauenswürdige Absendererkennung sowie eine authentische Erlebniswelt, die durch eine weitreichende Markenkommunikation gestützt werde. Auf das Sortiment runtergebrochen heißt das: Der Handel sollte auf Marke und Qualität setzen. Darin sind sich die Hersteller einig. Aber nicht nur darin. „Der Handel sollte nicht nur qualitativ hochwertige Weine anbieten, sondern diese auch entsprechend am Point of Sale präsentieren“, so Rudolf Knickenberg, Geschäftsführer von Schlumberger. Ebenfalls wichtig sei ein guter Weinverkäufer, der Kunden kompetent beraten kann. Zusätzliche Informationen über den Wein, seine Herkunft sowie Verzehr- und Genussempfehlungen zahlen auf das Kompetenzkonto des Handels gegenüber dem Discount ebenso ein.

„Die Herausforderung liegt sicherlich auch darin, das Angebot einerseits breit und interessant zu gestalten, andererseits den Kunden aber dabei nicht zu überfordern und die Übersichtlichkeit zu behalten“, so Büscher vom Deutschen Weininstitut. Eine Gliederung nach Ländern und Regionen sowie eine Einteilung in Basis-, Mittel- und Topsegment tragen zur Orientierung bei. Davon ist das Deutsche Weininstitut überzeugt. Darüber hinaus sind Erläuterungen zu wichtigen Rebsorten, Wein- und Speise-Empfehlungen hilfreich. Und: Eine schön gestaltete und hochwertig bestückte Weinabteilung lockt damit auch genussorientierte und zahlungskräftige Kunden an. Insgesamt gesehen stellt das Deutsche Weininstitut auch eine größere Bereitschaft der Verbraucher fest, mehr Geld für Wein auszugeben. Umso mehr gilt es für den Händler, sich mit einer Weinabteilung zu profilieren, die hinsichtlich Optik und Sortiment keine Wünsche offen lässt.   

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Vermarktungs- und Platzierungs-Tipps

Markenblock: Marken sind für Konsumenten im fragmentierten Weinsortiment wichtige Ankerpunkte. Markenweine sollten deshalb als Block bestmöglich in Augenhöhe platziert werden.

Einkaufserleichterung: Zusätzliche Informationen über Verzehrempfehlung, Geschmack, Herkunft oder Rebsorten sind für Verbraucher wertvolle Anregungen beim Weinkauf.

Zweitplatzierungen: Damit lassen sich Aufmerksamkeit und Kaufanreize schaffen. Eine passende Weinempfehlung zu ausgesuchten Speisen oder eine Verbundaktion auf einer Sonderfläche, etwa in Kombination mit Feinkost haben nach einen hohen Erlebniswert für Konsumenten.

Vermarktung: Der Handel sollte das ganze Jahr über und nicht nur zu saisonalen Höhepunkten attraktive Kaufanreize schaffen. Erlebnisorientierte VKF-Aktionen, Zweit- und Verbundplatzierungen stärken dabei die Aufmerksamkeit und das spiegelt sich wiederum in erhöhten Abverkaufszahlen.

Verkostung: Wer probiert, kauft – dies sollte der Handel am Point of Sale beherzigen und Verkostungsmöglichkeiten schaffen. Verkostungen sind  eine gute Orientierungshilfe und tragen zur Kaufentscheidung bei.

Sortimentsplanung: Aufmerksamkeit sollte auch den sich verändernden Bedürfnissen der Verbraucher geschenkt werden. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Flaschengrößen setzen zusätzliche Impulse, da sie unterschiedlichen Verbraucherbedürfnissen und Verwendungsanlässen gerecht werden.

Sortimentspflege Wichtig ist auch, Aktionstage und Saisonhöhepunkte optimal zu nutzen, und umsatzmindernde Out-of-Stock-Situationen zu vermeiden. Indem der Handel  Schnelldrehern mehr Regalfläche einräumt und die Bestände vorsorglich erhöht, kann das Umsatzpotenzial entsprechend besser ausgeschöpft werden.

Qualitätsmanagement. Wein ist licht- und temperaturempfindlich. Direkte Sonneneinstrahlungen und Temperaturextreme durch Hitze oder Kälte sollten bei der Lagerung vermieden werden, da sonst die Alterung beschleunigt und der Geschmack beeinträchtigt wird.

 

Stoßrichtungen im Weinsegment:

  • Heimische, regionale Weine
  • Trockene Weine
  • Weine mit geringem Alkoholgehalt
  • Weine aus ökologischem und biodynamischem Anbau
  • Convenience – Weinschorle als Premix

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