Veggie: Potenziale nutzen

Dienstag, 11. August 2015
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Die steigende Nachfrage nach vegetarischen Fleisch- und Wurstprodukten repräsentiert eine neue Lebenseinstellung. Wie der Handel das Potenzial nutzen kann.

Deutschland wird zunehmend „fleischfrei“. Weniger Fleisch zu essen ist ein Trend, der sich immer stärker im Markt abzeichnet und heute längst kein Nischendasein mehr fristet. Allerdings nimmt der Hunger auf Fleisch und Wurst nicht ab, doch womit er gestillt wird, ändert sich in jüngster Zeit enorm. Dies stellt die Albert Schweizer Stiftung fest. Mit der zunehmenden Zahl der Verbraucher, die sich für eine vegane, vegetarische oder flexible Ernährungsweise entschließen, kommt auch die Kategorie der Fleischersatzprodukte ins Rollen. Bereits heute kauft laut einer Studie von Mintel, Agentur für Market Intelligence, fast jeder fünfte Verbraucher zwischen 16 und 24 Jahren Fleischersatzprodukte, in der Altersklasse von 35 bis 44 ist es jeder Achte. Getragen wird der Veggie-Boom vor allem von den jüngeren Verbrauchern unter vierzig Jahren. Aktuell liegt ihr Anteil laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bei 34 Prozent. Doch während die jüngere Klientel aus ethischen und Umweltschutzgründen zu Veggie greift, stehen bei den  älteren Verbrauchern beim Kauf von Tofuschnitzel und Seitanwürstchen Gesundheitsaspekte im Vordergrund. Dort ist das Interesse an vegetarischen Produkten weiterhin konstant groß. Interessanter Fakt: 38 Prozent der Verbraucher zwischen 45 und 54 Jahren verzehren laut der Mintel-Studie Fleischalternativen, um damit ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Dabei ist für sie die Senkung von Fett und Cholesterin die größte Motivation. Gepusht wird die Kategorie daher vor allem auch durch eine Nachfrage nach einer gesünderen und vielfältigeren Ernährung.

Variation im Speiseplan

Die neue Lebenseinstellung spiegelt sich auch in den Marktzahlen wider. In den vergangenen fünf Jahren ist der Umsatz mit Fleischersatzprodukten und pflanzlichen Brotaufstrichen auf 213 Millionen Euro angewachsen. Das ist eine Verdoppelung des Umsatzvolumens. Im ersten Quartal dieses Jahres verbuchte die Kategorie ein Umsatzplus von 27 Prozent. Das ist auch auf die zunehmende Zahl der Flexitarier zurückzuführen. Der Wachstumsschub für Veggie-Produkte indessen hinterlässt seine Spuren. So ist laut GfK die Nachfrage nach Wurstprodukten um acht Prozent, die Nachfrage nach Fleisch um neun Prozent zurückgegangen.

Die vermehrte Nachfrage nach vegetarischen Produkten bietet indessen Herstellern von herkömmlichen Wurstwaren ein attraktives Potenzial. Die Verbraucher, die neben den vegetarischen auch ab und zu tierische Produkte verzehren wollen, sind daher auf der Suche nach hochwertigen Wurst- und Fleischspezialitäten. Das bietet Unternehmen die Möglichkeit, sich mit Premium-Angeboten zu positionieren und dem Wunsch der Verbraucher nach solchen Produkten gezielt entgegenzukommen. Davon sind die Experten überzeugt. Dem stimmt auch die GfK zu. „Wenn die Veggie-Käufer Wurst und Fleisch kaufen, dann gaben sie dafür sechs beziehungsweise 17 Prozent mehr Geld dafür aus.“

Dennoch: Veggie ist kein Widerspruch zur Wurst, sondern eine Alternative. Das stellt die Rügenwalder Mühle fest. „Je leckerer und gleichwertiger die Alternative ist, umso höher ist die Akzeptanz und die Wiederkaufrate“, sagt Lothar Bentlage, Geschäftsleitung Vertrieb bei Rügenwalder Mühle. Zudem ist der Markenartikler davon überzeugt, dass in naher Zukunft die fleischhaltigen Artikel nicht komplett durch Veggie ersetzt werden. Veggie sei eine alternative Angebots- und Ernährungsform. Diese Sicht bestätigt auch Friesland Campina Cheese. Das Unternehmen ist mit ihrer Marke Valess ein Player auf dem Veggie-Markt. „Veggie-Produkte stehen aus unserer Sicht in keiner Konkurrenz mit anderen Produkten. Vielmehr geht es den Konsumenten heute um Variation im Speiseplan“, heißt es bei Friesland Campina Cheese.

Dynamische Entwicklung

Generell erwarten die Experten eine dynamische Entwicklung der Veggie-Kategorie. Friesland Campina Cheese erwartet sogar, dass sich die Kategorie bis 2020 mehr als verdoppeln wird, was auf eine steigende Zahl an Verbrauchern zurückzuführen sei, die ihren Fleischkonsum reduzieren möchte. Rügenwalder Mühle geht davon aus, dass vegetarische Produkte bezogen auf den gesamten SB-Wurstmarkt dieses Jahr zwei bis drei Prozent Marktanteil erreichen werden. Die gute Entwicklung lässt die Prognose zu, dass vegetarische Alternativen in wenigen Jahren die heutigen Marktanteile der Geflügelwurst erreichen können“, sagt Bentlage.

Die steigende Nachfrage nach vegetarischen Produkten ist längst kein Trend mehr, sondern repräsentiert eine neue Lebenseinstellung vieler Konsumenten. Darin sind sich die Experten einig. Umso mehr ist jetzt der Handel gefordert, diesem Verbraucherbedürfnis am Point of Sale gerecht zu werden – mit einem vielfältigen Sortiment, impulsstarken Platzierungen sowie den dafür benötigten attraktiven Flächen.

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Tipps

Was Sie bei der Vermarktung und Platzierung von vegetarischen Fleisch- und Wurstprodukten beachten sollten:

Platzierung: Eine Platzierung im Anschluss an die Obst- und Gemüseabteilung ist ideal, da sich an dieser Stelle die grundsätzlichen Menü-Ideen entscheiden. Tivall empfiehlt darüber hinaus die Produkte im Block und auf Sichthöhe zu platzieren, um dem Verbraucher einen schnellen Überblick über das Sortiment zu geben.

Sortiment: Für die Kleinfläche empfiehlt Friesland Campina Cheese fünf bis acht Produkte aus dem Bereich der Mahlzeitkomponenten, Zutaten und Fertiggerichten und als Abrundung des Angebots zwei bis vier verschiedene Aufschnittsorten. Für die Großfläche ist insbesonders wichtig, den Konsumenten eine große Vielfalt zu bieten, wobei Doppelungen bei Varianten auf gleicher Rohstoffbasis vermieden werden sollten.

Sortimentsgestaltung: Veggie-Produkte sollten konventionelle Artikel nicht ersetzen, sondern ergänzen, heißt es bei Albert Rauch. Fleisch- und Wurstprodukte werden das Basissortiment bleiben, der Platz in der Theke oder im SB-Regal ist jedoch begrenzt. Daher sollte die Anzahl ähnlicher Produkte reduziert und stattdessen auf eine große Bandbreite unterschiedlicher Spezialitäten gesetzt werden.

Fachwissen: Konsumenten haben unterschiedliche Ansprüche und insofern auch unterschiedliche Verwendungszwecke als Kaufmotivation, insbesondere wenn man zwischen Flexitariern, Vegetariern und Veganern unterscheidet. Durch Kombination der unterschiedlichen Produkte und Marken werden die verschiedenen Ansprüche bedient und das Sortiment optimiert. Das rät Friesland Campina Cheese.

Orientierung: Eine eindeutige Kennzeichnung wie grüne Regalabtrennungen und ein gesonderter Veggie-Bereich sorgen laut Rügenwalder Mühle für eine bessere Orientierung.

Verkostung: Die größte Hürde für den Kauf von Fleischalternativen ist der Geschmack. Verkostung ist daher nicht nur ein erfolgreiches Instrument zur Absatzförderung, sondern sie führt den Konsumenten an Veggie-Produkte heran. Die Verbraucher können vor Ort die Produkte testen – und was schmeckt, wird auch gekauft, heißt es bei R&S.  

Absatzförderung: In den Handzetteln lassen sich laut Rügenwalder Mühle die vegetarischen Produkte auf gesonderten Werbefeldern wirksam bewerben. Abgerundet mit zusätzlichen Rezept- und Anwendungstipps sorgen Sie nicht nur für Kaufanreize, sondern schärfen auch Ihr Profil.

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