Pressesortiment im Wandel

Donnerstag, 04. Juni 2015
Foto: Fotolia (A. Gorohov)

Die Zahl der Gewohnheitskäufer am Presseregal sinkt. Die Präsentation am POS gewinnt deshalb immer mehr an Bedeutung. Welche Maßnahmen das Sortimentsmanagement unterstützen.

Impulskäufe spielen am Presseregal eine immer größere Rolle. Das belegt eine aktuelle Studie des Verlagshauses Burda. Gewohnheitskäufe nehmen im Gegenzug ab – hier liegt die Rate nur noch bei zwölf Prozent – bei der Vorgänger-Studie aus dem Jahr 2007 waren es noch 21 Prozent. Die Schlussfolgerung daraus liegt auf der Hand: „Kaufanreize setzen und Interesse wecken über moderne, gut strukturierte und beleuchtete Warenträger wird immer wichtiger“, so Tobias Mai, Auftraggeber der Studie und Geschäftsführer strategische Vertriebssteuerung bei Burda. Dabei seien alle Stationen auf der letzten Meile vor dem Kauf entscheidend: vom Marketing im Vorfeld, der Lenkung in der Verkaufsstelle bis hin zu hochmodernen Warenträgern und Sonderplatzierungen bei anderen Warengruppen.

Aktuelle Verkaufszahlen berücksichtigen

Um diesem veränderten Verbraucherverhalten Rechnung zu tragen, gilt es beim Sortimentsmanagement aktuelle Verkaufszahlen zu berücksichtigen. Noch vor einiger Zeit waren Presse-Großhändler kaum mehr als Logistik-Dienstleister, die – gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag zur Sicherung der Pressevielfalt – in ihrem jeweiligen Monopolbezirk den Handel mit Printprodukten versorgten und sich die Remittenten zur Verrechnung zurückschicken ließen. Das hat sich geändert: Der Grosso-Verband und seine rund 60 Großhändler sehen sich inzwischen in der Verantwortung, den Wandel im Medien-Sektor mitzugestalten und eine bessere Vermarktung der Zeitungen und Zeitschriften zu unterstützen.

Schnelle Reaktion durch VMP

Dabei mussten sie allerdings zum Jagen getragen werden. Der seit Jahren andauernde juristische Streit mit der Bauer Vertriebs GmbH - der inzwischen zur letztinstanzlichen Entscheidung beim Bundesgerichtshof liegt - und auch die Kritik anderer Verlage beförderten beim Grosso-Verband neue Aktivitäten.  Unter anderem wurde die seit 1996 bestehende „Verkaufstägliche Marktbeobachtung am Point of Sale“  (VMP) weiter ausgebaut. Das Instrument folgt dem Leitgedanken der „Efficient Consumer Response“ (ECR) und versetzt den Grossisten in die Lage, sofort nach Verkaufsbeginn titelspezifische Verkaufstrends zu erkennen. Dazu werden die von den Scannerkassen des Einzelhändlers erfassten Presseverkaufsdaten an die Rechner der Grossisten gesendet und analysiert. Droht der Ausverkauf eines Titels, erkennt der Grossist dies direkt und kann rechtzeitig nachliefern. Auch Titel, die über längere Zeit kaum Umsatz bringen, werden identifiziert und durch besser nachgefragte Titel ersetzt. Parallel dazu können die Daten zu einem Handelspanel verdichtet werden, das über die einzelnen Verkaufsstellen hinweg differenzierte Abverkaufstrends aufzeigt.

Smartphone-optimiertes Suchportal

Knapp 18.000 Einzelhändler nehmen inzwischen an der Auswertung teil und melden ihre täglichen Verkaufsdaten an den Grossisten – das sind 15,8 Prozent aller Presseverkaufsstellen in Deutschland, die allerdings rund ein Drittel des Gesamtumsatzes repräsentieren. Kai-Christian Albrecht, Geschäftsführer des Bundesverbands Presse-Grosso, wünscht sich noch mehr Teilnehmer aus dem Handel.  „VMP ist ein Erfolgsmodell für alle Partner, weil es Ausverkäufe reduziert und dazu beiträgt, dass Presse im Einzelhandel besser präsentiert werden kann“, so  Albrecht. Sein Verband gründete und betreibt außerdem das Zeitschriften-Suchportal mykiosk.com – eine weitere sinnvolle Vermarktungshilfe für Printprodukte. Sie ermöglicht den Kunden, über ihren heimischen Rechner oder über ihr mobiles Endgerät die nächstgelegenen Shops zu finden, die ihren gewünschten Titel führen. Verbraucher geben lediglich ihren Standort ein oder lassen ihr Handy orten, wählen das Objekt ihrer Wahl und erhalten eine Übersicht der nächsten Verkaufsstellen. Die passenden Händler werden auf einer Google-Maps-Karte mit Adresse und der jeweiligen Entfernung angezeigt. Darüber hinaus enthält die Datenbank auch Informationen zum Preis des Titels, der aktuell verfügbaren Ausgabe, dem Erscheinungstermin und dem Erscheinungszyklus. Dafür stellen die Grossisten täglich die Bezüge aller Einzelhändler zur Verfügung, bis zu 5.000 Titel für mehr als 110.000 Verkaufsstellen.

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

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Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Statements

Kai-Christian Albrecht, Geschäftsführer des Bundesverbands Presse-Grosso:
„Die Verkaufstägliche Marktbeobachtung am POS (VMP) liefert einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung in der Wertschöpfungskette. Durch aktuelle Verkaufsdaten werden vertriebliche Prozesse besser gesteuert, Ausverkäufe reduziert und Warenbewegungen und Warenbestände im Einzelhandel verringert. VMP trägt außerdem dazu bei, dass Presse im Einzelhandel besser präsentiert werden kann.“

Tobias Mai, Geschäftsführer Strategische Vertriebssteuerung bei Hubert Burda Media:
„Den Weg zum Magazin findet der Käufer längst nicht mehr automatisch. Umso wichtiger ist es, dass wir in unsere Produkte, vor allem aber deren Präsentation am und um den Point of Sale herum investieren. Dabei sind alle Stationen auf der letzten Meile vor dem Kauf entscheidend: vom Marketing im Vorfeld, der Lenkung in der Verkaufsstelle bis hin zu hochmodernen Warenträgern und Sonderplatzierungen bei anderen Warengruppen. Diese ganze Customer Journey muss optimal bedient und viel stärker aus einer Hand geplant werden.“

 

Info

Kundenverhalten im Fokus: Die Studie „Burda Offensive Käufermarktforschung“ (BOK) 2014 liefert neue Erkenntnisse über das Kundenverhalten am Presseregal.  Die Daten wurden in 400 repräsentativ ausgewählten Verkaufsstellen in Deutschland erhoben. Dabei wurden Käufer direkt am Point of Sale beobachtet und befragt. Mit insgesamt 13.482 Beobachtungen und 5.429 Interviews am POS ist die BOK 2014 die größte Zeitschriften-Käuferstudie Deutschlands. Die Ergebnisse im Überblick: 

  1.  Wichtige Impulskäufe. Nur noch 12 Prozent der Käufer sind Gewohnheitskäufer. Bei der letzten BOK-Studie 2007 waren es noch 21 Prozent. Damit werden Kaufanreize direkt am Presseregal immer wichtiger.
  2. Hohe Conversion Rate. Das Zeitschriftenregal hat eine gleichbleibend hohe Conversion Rate: 72 Prozent der Besucher kaufen mindestens eine Zeitschrift. Wer also erst einmal schaut und blättert, der kauft meistens auch – der Umsatz steigt sogar noch, je länger sich ein Besucher mit dem Titel beschäftigt.
  3. Geringe Verweildauer. Der Pressekäufer hat monatlich 15,9 Händler- und 7,8 Regalkontakte, bei denen er insgesamt 19 Minuten und 24 Sekunden vor dem Regal verbringt.  Tendenziell sinkt die Verweildauer vor dem Regal.
  4.  Mehr Leser pro Exemplar. 27 Prozent der Käufer geben den Titel weiter, wenn sie ihn ausgelesen haben, 2007 waren es noch 24 Prozent. Das führt zu stabilen oder steigenden Leserreichweiten trotz sinkender Auflagenzahlen.
  5. Sinkendes Zeitbudget. 26 Prozent der Käufer geben an, dass ihnen durch das vielfältige Medienangebot kaum noch Zeit zum Lesen bleibt. Insbesondere jüngere Konsumenten stimmen dem zu.
  6. Attraktives Sortiment. Zeitschriften sind gerade im Lebensmitteleinzelhandel ein Anlass zum Besuch des Geschäftes: 12 Prozent  der Zeitschriften-Käufer kommen hauptsächlich zum Kauf eines Titels, kaufen zusätzlich aber noch weitere Produkte. 43 Prozent der Pressekäufer finden in Zeitschriften Anregungen für ihren Einkauf.

 

Platzierungstipps

Mehr Umsatz mit Presse: Tipps von Tobias Mai, Geschäftsführer Strategische Vertriebssteuerung bei Hubert Burda Media.

  1. Alle Analysen zeigen, dass moderne, gut strukturierte und beleuchtete Warenträger eine deutlich bessere Umsatz-Performance aufweisen.  Zur guten Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit von Titeln gehört auch, dass die Regale nicht überfrachtet sind und die potentiellen Käufer nicht durch Unübersichtlichkeit überfordert werden.
  2. Die großen Umsatzträger und Segment-Marktführer sollten immer besonders auffällig in Vollsicht positioniert werden.
  3. Die Presseregale sollten  so gut in den Verkaufsräumen positioniert sein, dass die Zeitschrifteninteressenten ausgiebig stöbern und blättern können. Auch Zweit- und Sonderplatzierungen bei anderen Warengruppen – zum Beispiel Food-Titel im Bereich von Frischtheken oder bei Obst und Gemüse – bieten sich im LEH an.
  4. Um noch mehr Magazinkäufer in die Verkaufsstellen zu locken, sollten neue Kommunikationsinstrumente wie Social-Marketing eingesetzt werden. Denn 70 Prozent der Zeitschriftenkäufer verfügen über internetfähige Devices und nutzen diese privat. Zeitschriftenlesen und Internetnutzung sind kein Gegensatz. Im Gegenteil: Über die Vernetzung von On- und Offline-Angeboten können vor allem jüngere Zielgruppen besser erreicht werden.