Krumme Gurken

Montag, 28. August 2023
Foto: stock.adobe.com/46boris48

Die Schweiz hat die Qualitätsnormen für Gemüse geändert. Damit kann ein grösserer Teil der Ernte als bisher über den Einzelhandel verkauft werden.

Die Schweizer Gemüseproduzenten setzen im Kampf gegen Foodwaste ein Zeichen und haben dafür im Juni 2023 neue Qualitätsnormen eingeführt. Bei 65 Produkten sind die Normen erstmals seit 2014 umfassend überarbeitet worden. Damit sind jetzt kleinere Schönheitsmakel erlaubt, so dass ein grösserer Teil der Ernten in den Einzelhandel gehen kann, statt schon in den Erzeugerbetrieben aussortiert zu werden. Bisher haben viele Gemüsegärtner krumme Rüebli oder Gurken zwar in ihren Hofläden verkauft oder an Nutztiere verfüttert, aber ein grosser Teil ist auch in Biogasanlagen gelandet oder wurde wieder untergepflügt. Die neuen Normen gelten nicht nur für die Schweizer Erzeuger, sondern auch für Importware.

Gleich mehrere Effekte
Der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP), der die neuen Normen über mehrere Monate entwickelt hat, schlägt damit gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Erstens reduzieren die angepassten Normen den Foodwaste und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des bundesrätlichen Aktionsplans gegen die Lebensmittelverschwendung. Dieser setzt sich das Ziel, die Lebensmittelverluste bis 2030 gegenüber 2017 zu halbieren. Zweitens reduziert die Branche als Folge des «Absenkpfades Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe» den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, was jedoch den Anbau erschwert und zu mehr – bisher unverkäuflichen – Abweichungen führt. Drittens reagiert sie auf die klimawandelbedingte Zunahme von Wetterextremen, die den Produkten ebenfalls zusetzen. Und schliesslich haben die Massnahmen auch einen direkten positiven Klimaeffekt. Denn laut einem Uno-Bericht sind Foodloss und Foodwaste die drittgrösste Quelle von Treibhausgasemissionen. In der Schweiz ist die Umweltbelastung durch vermeidbare Lebensmittelabfälle laut dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID) etwa halb so gross wie die des gesamten motorisierten Individualverkehrs.

Zwiebeln dürfen kleiner sein
Konkret akzeptiert der Handel künftig auch Produkte mit leichten Schönheitsmakeln, die ansonsten durchweg den hohen qualitativen Standards genügen. So dürfen bei der Bund- oder Lauchzwiebel jetzt bis zu 40 Prozent der grünen Blattteile durch Lufteinschlüsse (Thripseinstiche) aufgehellt sein. Vorher lag die Grenze bei 25 Prozent. Auch dürfen die Zwiebeln jetzt kleiner sein. Der Durchmesser wurde von 25 bis 55 Millimeter auf 20 bis 45 Millimeter gesenkt. Bei den Fleischtomaten bleibt der erlaubte Durchmesser pro Stück (67 bis 102 mm) gleich, aber bei den «besonderen Bestimmungen» wird jetzt darauf verzichtet, dass sie beim Verkauf noch ihre grüne Fliege (Blütenkelch) haben müssen. Weisser Spargel durfte zuvor keine Rostspuren aufweisen, jetzt werden diese toleriert. Die Mindestlänge von 17 Zentimetern wurde beibehalten, die maximale Länge aber von 22 auf 25 Zentimeter heraufgesetzt. Mit einer solchen produktspezifischen Akribie hat der VSGP auch bei allen anderen Sorten sinnvolle Anpassungen vorgenommen.

Jetzt noch nachhaltiger
Mit der Anpassung der Normen werde Schweizer Gemüse noch nachhaltiger, betont VSGP-Direktor Matija Nuic: «Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit dem Handel einen aktiven Beitrag zur Reduktion von Lebensmittelverlusten leisten können.» Auch Christian Sohm, Direktor des Verbands des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels (SWISSCOFEL) ist überzeugt, «dass die Konsumierenden die neuen Normen begrüssen und akzeptieren werden».

 

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

Foto: Ben Pakalski

Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

stock.adobe.com/Seventyfour

Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

stock.adobe.com/Racle Fotodesign

In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Info

Qualitätsnormen regeln, welche Merkmale Schweizer Gemüse aufweisen müssen, um in den Handel gelangen zu können. Sie gelten für konventionell und biologisch produzierte Ware. Die angepassten Normen für 65 Produkte sind am 1. Juni 2023 in Kraft getreten und gelten für alle frischen Gemüse in- und ausländischer Herkunft, die auf dem schweizerischen Markt unverarbeitet in den Endverkauf oder in die küchenfertige Produktion gelangen. Die Normen sind öffentlich bei der Qualiservice GmbH, dem Kompetenzzentrum für Qualitätsfragen der Früchte-, Gemüse- und Kartoffelbranche, abrufbar unter www.qualiservice.ch.