Birgit Walker, Client Response Manager bei Nielsen, zur richtigen Zielgruppenansprache und zu möglichen Fehlern im Marketing.
Welche Zielgruppen sind die relevantesten für den LEH?
Es gibt verschiedene Ansätze, um Zielgruppen zu definieren. Eine der häufigsten Analysen basiert auf der Grösse des Warenkorbs, also der Frage, wer gibt am meisten Geld aus? Hier sind es in der Regel im LEH die Familien mit Kindern (Mehrpersonen-Haushalte), die über alle Warengruppen hinweg kaufen und damit den grössten Einkaufswert pro Kaufakt generieren. Aber selbstverständlich kann auch klassisch nach Demographien (Alter, Einkommensstruktur, Haushaltsgrössen) geschaut werden.
Ein neuer Ansatz von Nielsen ist die Gruppierung in verschiedene Ernährungstypologien, also basierend auf den Fragen, wie wichtig das Thema Essen beziehungsweise Ernährung für die einkaufenden Haushalte ist. Auch anhand der Einstellungen zu diesem Thema können Zielgruppen definiert werden.
Worauf kommt es bei der Zielgruppen-Ansprache an?
Dass die Zielgruppe nicht zu gross gefasst ist und man hier nicht mit dem Giesskannen-Prinzip vorgeht. Wenn Werbung mit personalisierter Ansprache versendet wird, sollte diese auch relevant für den Kunden sein. Ebenso ist es wichtig, dies regelmässig anzupassen und Algorithmen zu hinterlegen, die bestimmte Fälle aussortieren. Ein Beispiel: Sie kaufen immer Windeln, seit drei Jahren, und hören nun damit auf – dann kann es nicht sein, dass man immer noch Werbung für Windeln bekommt, weil sich einfach der Bedarf geändert hat und das Kind schlicht keine Windeln mehr braucht – hier muss also angepasst werden, sonst nervt man die Kunden.
Welche Fehler passieren häufig bei der Zielgruppen-Ansprache?
Der häufigste Fehler bei der Zielgruppenansprache ist, dass insbesondere bei personalisierter Ansprache – etwa in einem Newsletter – die Stammdaten nicht gepflegt werden. Dadurch entstehen dann ungenaue Ansprachen wie ein ‹Herr/Frau› im Briefkopf. Oder der Kunde bekommt in regelmässiger Wiederholung Angebote für Artikel, die er maximal in grossen Abständen kauft. Wenn ich zum Beispiel eine elektrische Zahnbürste gekauft habe, möchte ich höchstens Werbung für Ersatzzahnbürstenaufsätze, aber nicht für eine weitere elektrische Zahnbürste sehen. Einer der grössten Fehler ist also, eine Zielgruppenansprache nicht kontinuierlich zu pflegen, während die Zielgruppendefinition meist über einen längeren Zeitraum stabil bleibt.
Die Shoppertypen im Fokus
Um die Kunden zielgenau ansprechen zu können, sollte der Handel ihr Kaufverhalten im Blick haben. Zur besseren Orientierung teilt die Gesellschaft für Konsumforschung die Verbraucher in Shoppertypen ein.
Um ein auf die Kundschaft passgenau zugeschnittenes Angebot bereitzuhalten, sollte der Handel laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) auch das tatsächliche Verhalten der Verbraucher im Blick haben und darauf reagieren. Dementsprechend teilt die GfK die Verbraucher in vier Shoppertypen ein, und zwar in: Markenkäufer, Promotionkäufer, Handelsmarkenkäufer und Premiumkäufer.
Viele kaufen Handelsmarken
Die Markenkäufer etwa konsumieren laut GfK überdurchschnittlich oft Marken zum Normalpreis, während Promotionkäufer häufig warten, bis sie zum Sonderpreis angeboten werden. Die Handelsmarkenkäufer kaufen seltener Herstellermarken und häufiger Handelsmarken. Ganz anders die Premiumkäufer, die überproportional häufig auf Marken zurückgreifen, die sogar mindestens fünf Prozent teurer sind als der Marktführer. Für den LEH ist interessant zu wissen, dass fast die Hälfte, nämlich 42,8 Prozent der Haushalte, als Handelsmarken-Shopper klassifiziert werden können. «Allerdings weisen sie von allen Shoppertypen die wenigsten Shopping-Trips auf und ihre Bonsummen sind recht gering», sagt Dr. Robert Kecskes, Senior Insights Director bei der GfK.
Welchem Shoppertyp ein Verbraucher angehört, hängt dabei auch stark von seiner Lebensphase und Situation ab. «Die Zugehörigkeit zu den Shoppertypen korreliert stark mit dem sozialen Status und der Größe der Haushalte. Premiumkäufer kommen weit überproportional aus Mittelschichthaushalten, in denen noch keine Kinder leben oder die Kinder schon ausgezogen sind. Den höchsten Anteil an Premiumkäufern weisen dabei die Double-Income-No-Kids-Haushalte (DINKS) auf», erklärt Kecskes. 28 Prozent von ihnen seien Premiumkäufer.
Richtiges Timing ist wichtig
Die Handelsmarkenkäufer sind laut dem GfK-Experten überproportional häufig Haushalte aus schwächeren sozialen Schichten, wobei dies nur für die Preiseinstiegshandelsmarken zutrifft. «Mehrwerthandelsmarken haben inzwischen auch in der Mittelschicht eine starke Reputation », betont Kecskes. Haushalte mit Kindern schliesslich seien häufig Promotionkäufer. «Sie glauben an die Qualität der Marke, sind aber aufgrund des relativ geringen Pro-Kopf-Einkommens der Familien auf Promotions angewiesen.»
Wie sich der einzelne Händler auf die Shoppertypen in seinem Kundenkreis einstellen kann, erklärt Dr. Wolfgang Adlwarth, Insight Director Consumer Panels, GfK: «Natürlich sollte er sein Sortiment, seine Preis- und Promotionpolitik und die Warenpräsentation auf die ihn betreffenden Shoppertypen einstellen.» Das könne auch zeitlich variieren – wenn der Händler etwa feststelle, dass er unter der Woche eher Handelsmarkenkäufer und am Wochenende eher Promotionkäufer im Markt hat. «Dann lohnt es sich zum Beispiel, die Sonderplatzierungen und Ladendurchsagen daran anzupassen.»