Slow Food in der Tasse

Donnerstag, 06. Juli 2017
Foto: 123RF (THANAKON KHONGMAN)

Der Brühkaffee ist wieder hipp. Doch mehr denn je zählt heute die Qualität. So versprechen Produkte mit besonders sensorischen Geschmackserlebnissen attraktives Potenzial für den POS.
 

So richtig weg war er zwar nie, doch heute trinken ihn sogar die Hipster in den angesagten Cafés. Der klassische Brühkaffee nennt sich jetzt „Pour Over“ und spricht auch die jüngere Generation an. So sind etwa die Genießer des Cold Brew Filterkaffee-Trends, wie sich mit kaltem Wasser aufgegossener Kaffee nennt, mit durchschnittlich 30 Jahren besonders jung. Das zeigen Zahlen des aktuellen Kaffeereports 2017, einer Gemeinschaftsstudie von Tchibo zusammen mit Statista und Brand Eins Wissen. Auch der klassische Filterkaffee ist keineswegs nur etwas für Senioren. Laut der Studie trinken knapp zwei Drittel der Deutschen regelmäßig Filterkaffee. Das Durchschnittsalter der Zielgruppe liegt hier bei 44 Jahren.

Bewusstsein für gute Qualität steigt

Mehr denn je zählen heute jedoch guter Geschmack und Aromenvielfalt. Denn wie viele von den rund 900 Aromen einer Kaffeebohne tatsächlich unsere Geschmacksknospen erreichen, hängt etwa von der Röstung und der Zubereitung ab. Im Trend liegen vor allem helle, langsame Röstungen bei schonenden Temperaturen. Diese Verfahren greifen etwa die vielen neuen Mikro-Röstereien auf, die auf Qualität statt Masse setzen. Doch auch die großen Hersteller haben die sogenannten „blonden“, also hellen Röstungen für sich entdeckt und bringen immer mehr Premium-Produkte ins Sortiment. 

„Das Bewusstsein der Kunden für gute Qualität steigt“, erklärt Armin Geiger, Vertriebsleiter bei Alois Dallmayr. Das zeige sich in der zunehmenden Vielfalt von Spezialitäten-Kaffees und Zubereitungsarten. „Auf der Suche nach dem optimalen Geschmacks- und Aromenerlebnis experimentiert der Kunde mit unterschiedlichen Sorten, Herkunftsländern und Methoden.“ Filterkaffee bietet hier besondere Vorteile: Bei keiner anderen Zubereitungsart lasse sich das Ergebnis in der Tasse besser steuern, so Geiger. „Von der Auswahl der Bohnen, dem Mahlgrad und der Wassertemperatur bis hin zur Dosierung.“  Dazu kommt der Geschmack: „Vor allem die sanften Fruchtaromen sowie der geringe Säuregehalt gelten als Argumente für den Filterkaffee“, beobachtet Philip Vocke, Marketing Direktor bei Lavazza.

Filterkaffee als hochwertiges Genussmittel 

Bei der jüngeren Generation gilt Spitzen-Filterkaffee heute als hochwertiges Genussmittel, vergleichbar mit Wein oder edler Schokolade. „Entsprechend viel Wert legen diese Konsumenten auf die Auswahl der Kaffees, die Röstung und Zubereitung“, sagt Karina Schneider, Sprecherin Coffee bei Tchibo.  Das Aufbrühen werde mit viel Achtsamkeit auf die Wasserqualität, -menge und -temperatur regelrecht zelebriert. „Wichtig sind zudem die grammgenaue Kaffeemenge und die Durchlaufzeit im Filter.“ Für Andrea Gasse, Senior Product Manager Filterkaffee bei Melitta, spiegelt sich im neu erwachten Faible für das „Pour over“ mit Porzellanfilter und Filterpapier auch der Wunsch der Kaffeeliebhaber nach Individualität wider: „Handgefilterter Kaffee ist wie Slow Food. Den gönnen sich viele, um bewusst zu entspannen, egal ob im Café oder zu Hause.“

Für den Handel bieten vor allem innovative Filterkaffee-Spezialitäten Potenzial für Wachstum und Margen. Bislang werde der Markt zwar durch Aktionsanstöße bestimmt und viele Filterkaffee-Käufer agierten auch heute noch sehr preisbewusst, heißt es bei Melitta. „Gleichzeitig gibt es nur wenige Innovationen, die Filterkaffee-Trinkern den Anreiz bieten, etwas Neues auszuprobieren.“ 

Potenzial für sensorische Geschmackserlebnisse

Potenzial liege daher in Produkten, die durch besondere sensorische Geschmackserlebnisse neue Impulse setzen. „So lassen sich auch Verwender von ganzen Bohnen oder Kapseln für den Filterkaffee-Genuss gewinnen und Wachstum über Neukäufer generieren“, sagt Gasse. Philip Vocke von Lavazza ergänzt: „Der Trend geht zu immer besseren und individuell unterscheidbaren Qualitäten. Künftig wird es bei Spitzenkaffees zum guten Ton gehören, die Erzeugerländer, die Einzellagen, die Plantagen oder auch die Namen der Kaffeebauer zu nennen.“ Nicht zuletzt garantierten Qualitätsprodukte auch bessere Margen, heißt es bei Dallmayr: „Verbraucher sind bereit, für einen hochwertigen Kaffee mehr zu zahlen, um das perfekte Geschmackserlebnis zu genießen.“

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Tipps

Wie sich Kaffee impulsstark am POS inszenieren lässt

  • Kaffeespezialitäten lassen sich am Point of Sale vor allem mit aufmerksamkeitsstarken Aktionsvermarktungen erfolgreich verkaufen, lautet ein Tipp von Melitta. Hierdurch würden zudem Mehr- und Impulskäufe generiert. Mit Zweitplatzierungen, idealerweise im Hauptkundenlauf, lasse sich dieser Erfolg noch verstärken. 
  • Bei Dallmayr sieht man vor allem bei Impuls-Displays großes Potenzial. Aufmerksamkeitsstark am Frühstücksregal platziert, sollen sich hier lohnende Zusatzabsätze generieren lassen. Hinsichtlich der Abpackgrößen bei den Kaffeespezialitäten habe sich das 250-Gramm-Format bewährt – natürlich mit entsprechender Preisschwelle. Um den Abverkauf zusätzlich anzukurbeln, lohne sich ein entsprechendes Storytelling rund um die Themen Zubereitungsformen und Herkunftsländer, sowohl am Point of Sale als auch in den Kundenmagazinen.
  • Lavazza empfiehlt eine hochwertige Platzierung der Premium-Produkte im Regal sowie Zweitplatzierungen in edler Optik als Schlüssel zum Erfolg. In der Positionierung gehöre der Kaffee zum Spezialitäten-Sortiment. Zudem würden künftig Kaffeeverkostungen und Qualitätssiegel im Rahmen von Exzellenz-Initiativen eine immer größere Rolle spielen.

 

Markttrends

Der deutsche Kaffeemarkt hat auch im Jahr 2016 seinen Wachstumskurs fortgesetzt, so aktuelle Zahlen des Deutschen Kaffeeverbands. Die positive Entwicklung spiegelte sich in nahezu allen Marktsegmenten wider. Klarer Spitzenreiter war der klassische, gemahlene Filterkaffee. Wie auch in den vergangenen Jahren stellte er 2016 das stärkste Segment im deutschen Röstkaffeemarkt mit einem Marktanteil von 62 % (Absatz im Lebensmitteleinzelhandel inklusive Online-Vertrieb). Am stärksten gewachsen ist dagegen das Segment „Ganze Bohne“ mit einem Absatzplus von 7,7 %. Mit einem Marktanteil von 24 % ist die Kategorie das zweitstärkste Segment nach Filterkaffee, gefolgt von Kaffeepads und -kapseln mit Marktanteilen von 8,4 beziehungsweise 5,6 %.
  
In der positiven Entwicklung der ganzen Bohnen zeigt sich laut Kaffeeverband unter anderem das gestiegene Qualitätsbewusstsein der Konsumenten, die Röstkaffee oder Espresso-Spezialitäten zu Hause immer häufiger erst kurz vor dem Brühvorgang mahlen. Die Kaffeezubereitung „auf Knopfdruck“ mit Pads, Kapseln oder dem Vollautomaten sei aber nach wie vor sehr gefragt. Sie entspricht dem Wunsch der Verbraucher, Kaffee unkompliziert, in passenden Portionsgrößen und bei gleichbleibend hoher Qualität zubereiten zu können. Auch löslicher Kaffee bleibe im LEH auf Wachstumskurs, wobei vor allem vorportionierte Angebote profitieren. So konnten die Verkaufsmenge im Segment „X in 1“ (dabei handelt es sich um Einzelportions-Mixe mit löslichem Kaffee, Milchpulver und/oder Zucker) im Jahr 2016 um 5,3 % zulegen. Der Absatz von purem, löslichem Kaffee zeigte mit einem Zuwachs von 1,9 % ebenfalls eine positive Entwicklung.
    
Quelle: Deutscher Kaffeeverband
 

Warenkunde

Der Geschmack von Kaffee ist sehr fragil. Die Bohnen verlieren schnell ihr flüchtiges Aroma oder verändern sich durch Oxidation. Die heute üblichen Vakuumverpackungen können dies zwar weitgehend verhindern. Jedoch entfalten ganze Bohnen, die erst kurz vor dem Aufbrühen gemahlen werden, deutlich mehr Aromen als fertig gemahlener Kaffee. 

Der Unterschied zwischen Filterkaffee und Espresso liegt allein in der Röstung der Bohnen: Espresso wird länger geröstet, wodurch sich die Bohnen dunkler verfärben und mehr ätherische Öle hervorbringen. 

Die Zubereitung des Überbrühens mit Kaffeefilter oder -sieb ermöglicht optimale Ergebnisse für den individuellen Geschmack. Mittelfein bis grob gemahlene Mischungen sind ideal für die Zubereitung in der Filterkanne. Tipps zur richtigen Wassertemperatur gibt die Murnauer Kaffeerösterei: „Dunkler gerösteter Kaffee braucht etwas kühleres Wasser, während heller gerösteter Kaffee nach heißeren Temperaturen verlangt. Das Erhöhen der Wassertemperatur sorgt allgemein dafür, dass der Kaffee komplexer wird. Verringert man die Temperatur, kann man herbe Noten ausbalancieren.“ Die Standardwassertemperatur liege dabei bei 95 Grad Celsius.

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