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Die Deutschen lieben Kaffee. Das anregende Heissgetränk steht laut Deutschem Kaffeeverband seit Jahren auf Platz 1 der meistgetrunkenen Getränke. Die Vorlieben der Verbraucher.
Kaffee zählt zu den wichtigsten Exportgütern und wird laut der unabhängigen Initiative TransFair e. V. weltweit von 25 Millionen Produzenten angebaut. Dabei handelt es sich überwiegend um Kleinbauern aus Schwellen- und Entwicklungsländern, die weniger als zehn Hektar Land besitzen, gerade mal zwei Dollar pro Tag zum Leben haben und mit vielfältigen Problemen konfrontiert sind. Gehen uns diese Menschen etwas an? Immer mehr deutsche Konsumenten beantworten diese Frage für sich mit «Ja» – und kaufen bewusst Produkte, die ihnen ein besseres Leben versprechen.
Umsatzstärkstes Fair-Produkt
Mit einem Anteil von 32 Prozent ist Kaffee laut dem Forum Fairer Handel das umsatzstärkste Produkt im Fairen Handel. Jede zwanzigste Tasse Kaffee, die in Deutschland getrunken wird, stammt aus Fairem Handel. Wie weit der Weg zu gerechten Handelsstrukturen dennoch ist, verdeutlicht nach Meinung des Verbandes die prekäre Situation der Kaffeebauern weltweit. Die Produzenten stehen ganz am Anfang der Wertschöpfungskette. Sie sind von wenigen Händlern und Röstern abhängig, die den Markt unter sich aufteilen. Zudem wird Kaffee an der Börse gehandelt. Die Preise unterliegen daher starken Schwankungen. Wenn der Preis tief ist, können Millionen Kaffeebauern oft nicht einmal ihre Produktionskosten decken. Die Folge: Immer mehr Produzenten geben den Kaffeeanbau auf und sehen Migration als einzigen Ausweg.
Fair gehandelte Produkte sollen diese Situation ändern. Zum Beispiel durch Mindestpreise, die die Erzeuger für ihren Kaffee erhalten. Auf diese Weise wurden 2018 in Deutschland mit Lebensmitteln aus Fairem Handel insgesamt 1,7 Milliarden Euro umgesetzt. Dies entspricht einer Steigerung von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich der Umsatz im Fairen Handel mehr als verdoppelt. Wie auch in den Vorjahren wurde der grösste Teil des Umsatzes (80 %) mit Fairtrade-gesiegelten Produkten generiert.
Im Jahr 2019 wurden in Deutschland Fairtrade-gesiegelte Produkte im Wert von 2,04 Milliarden Euro konsumiert, 26 Prozent mehr als im Vorjahr. Das umsatzstärkste Fairtrade-Produkt ist laut TransFair e.V. Kaffee. Die Kategorie verzeichnete für 2019 einen Umsatz von 533,24 Millionen Euro, das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von fast 13 Prozent (Umsatz 2018: 472,53 Mio. Euro). Zudem verzeichnete das Heissgetränk ein zweistelliges Absatzplus. Rund 23 000 Tonnen fair gehandelter Röstkaffee fanden im vergangenen Jahr den Weg in die Tasse, über zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Ferner hat TransFair beobachtet, dass das Eigenmarkensortiment im Einzelhandel kontinuierlich ausgebaut wird und neben Ausser-Haus-Markt-Kanälen wie Studierendenwerken, Bäckereien und Coffee-Shops auch Discounter ihren Kunden im Ausgangsbereich zunehmend Fairtrade-Kaffee «to go» anbieten.
Nachhaltiger Kaffeegenuss
Verantwortung ist ein Thema, das die Verbraucher beschäftigt und sich auch im Konsum von nachhaltigem Kaffee niederschlägt. Mehr als jeder Dritte in Deutschland (34,1 %) trinkt laut dem Kaffeereport 2020 von Tchibo täglich nachhaltigen Kaffee und 14,3 Prozent der Befragten mehrmals in der Woche. Zum nachhaltigen Genuss greifen auch gerne Familien mit Kindern (41,7 %). Generell trinken Konsumenten mit Hochschulabschluss Kaffee mit Nachhaltigkeitssiegel (54,1 %) oder nachhaltigen Kaffee (64,1 %). Der Hauptgrund für den Verzicht von nachhaltigem Kaffee ist für die Konsumenten der Preis – 60,4 Prozent finden ihn zu teuer. Deshalb setzt sich das Forum Fairer Handel unter anderem für die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee ein. Doch damit möglichst viele Kaffeebauern bessere Bedingungen erhalten, brauche es zudem übergreifende gesetzliche Regelungen.
Ein guter Ansatz, dennoch ist der Weg zu gerechten Strukturen noch weit. Die Studie «Kaffee: Eine Erfolgsgeschichte verdeckt die Krise» zeigt weitere Probleme auf. So ist der Ertrag von Arabica-Kaffee schon jetzt durch steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmengen beeinträchtigt. Bis zum Jahr 2050 könnten auf diese Weise weltweit 50 Prozent der Anbauflächen verloren gehen, wenn nichts gegen den Klimawandel getan wird.
Angesichts dessen haben viele Unternehmen Aktionsprogramme vor Ort gestartet. Darboven hat im Jahr 2016 ein Förderprojekt in Honduras ins Leben gerufen, um landwirtschaftliche, ökonomische und ökologische Kenntnisse an die Kleinbauern zu vermitteln. Jacobs Douwe Egberts engagiert sich in mehr als 20 Projekten in verschiedenen Ursprungsländern und konzentriert sich auf Themen wie gute landwirtschaftliche Praktiken, klimaschonende Landwirtschaft, unternehmerische Fähigkeiten oder Zugang zu Finanzmitteln und Finanzwissen. Nestlé arbeitet mit Agrarberatern zusammen. Das Programm bietet Schulungen für Kaffeefarmer an, wodurch sie den Kaffeeanbau verbessern und ihre Erträge steigern können. Darüber hinaus verteilt Nestlé Kaffeepflanzen, die weitgehend resistent gegen Krankheiten sind und auch in trockenen Zeiten gut gedeihen. Dallmayr unterstützt gezielt die Lebensbedingungen der Menschen in den Kaffeeanbaugebieten wie zum Beispiel in Äthiopien. «Gemeinsam mit der Stiftung Menschen für Menschen haben wir bereits über 50 Millionen Baumsetzlinge gepflanzt und den Bau einer neuen Schule für über 1000 Kinder finanziert», so Dr. Johannes Dengler, Mitglied der Geschäftsleitung. Tchibo wiederum führt eigene Nachhaltigkeitsprojekte im Rahmen seines «Tchibo Joint Forces Programm» durch, die Kaffeefarmer, ihre Familien und die lokalen Communities auf dem Weg zu einem nachhaltigeren und zukunftsfähigen Kaffeeanbau unterstützen. Tchibo ist Gründer und Gesellschafter der «International Coffee Partners», ein Zusammenschluss von europäischen Röstern. ICP führt Projekte zur Verbesserung der Lebensgrundlage von Kleinfarmern in Kaffeeursprungsländern durch und hat seit der Gründung 2001 bereits mit über 90 000 Farmer-Haushalten gearbeitet.