Thomas Schindel
Roboter fahren unseren Einkauf nach Hause. Am Point of Sale arbeiten Maschinen. Alles ist vernetzt. Die Verbraucher drucken sich Pasta mit Sosse am Drucker aus. Das Internet wird zum Outernet, es tritt aus den Geräten heraus und dreidimensional hinein in unsere Umgebung. – Das ist die Welt 2028, wie Trendscout Nils Müller sie beschreibt. Auf eine Zeitreise in die Zukunft nimmt er das Publikum mit, stellt aber auch gegenwärtige Entwicklungen vor, etwa die Empfangsdame der Nanyang Technological University in Singapur – ein Roboter, der einem Menschen optisch sehr ähnelt. Müller zufolge wird es ihn ab dem Jahr 2019 zu kaufen geben.
Im Zusammenhang mit solchen Innovationen spricht er von «Disruption», Entwicklungen, die fest etablierte Arbeitsplätze, Erfindungen und Firmen obsolet werden lassen. Wie schnell diese Entwicklung nun verlaufen wird, zeigt Müller anhand einer Kurve auf, die seit 2016 exponentiell verläuft. «In den kommenden Jahren wird es 70 Prozent Wandel pro Jahr geben», prognostiziert er. Doch wo bleibt der Mensch unter dem Druck des Digitalisierungshypes? Management-Coach Nicole Brandes und Wirtschaftsphilosoph Anders Indset sind sich einig, dass es nur gemeinsam geht und nur mithilfe von Kommunikation: zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, Frauen und Männern, Generationen, Völkern. Die Pflege von Beziehungen werde immer kostbarer. «Denn sie sind es, die wir niemals digitalisieren können», betont Brandes. Sie ermutigt die rund 240 geladenen Führungskräfte und das MARKANT Management dazu, sich weiterzuentwickeln, um diesen und anderen Anforderungen gewachsen zu sein. Hierfür gibt sie ihnen einen Kompass an die Hand. Eine Art Instrument, das verschiedene Rollen «des Leaders» aufzeigt, die er je nach Bedarf ausspielen kann: die des Thinkers, Lovers, Dreamers und Fighters.
Den Wandel aktiv mitgestalten
Was den Manager als «Thinker» angeht, appelliert sie, überholte Denkmuster zu prüfen. Dennoch dürfe eine Führungsspitze nicht zu lange mit sich beschäftigt sein. «Setzen Sie den Fokus radikal da, wo Sie besser werden wollen.» Beim Rollenbild des Fighters gelte es, die Angst auf dem Weg zum Ziel zu überwinden. «Gehen Sie trotzdem!», ermutigt sie. Unter dem Schlagwort «Lover» kommt sie darauf zurück, wie wichtig es ist, Beziehungen zu pflegen. Hierbei sei es notwendig, Kunden sowie Mitarbeiter dazu zu bringen, dass sie folgen wollten – nicht müssten. Die Rolle des «Dreamers» beschreibt Brandes als eine, zu der es gehöre, nicht nur Visionen zu haben, sondern diese auch vermitteln zu können. Eine Gesellschaft, die aus vielen orientierungslosen Individuen besteht – dieses Bild der Gegenwart zeichnet Anders Indset zu Beginn seines Vortrags. Und in eben diese Gesellschaft dringe derzeit nach und nach die Digitalisierung ein. «Technologie ist die Antwort, aber was war noch mal die Frage?», will der Philosoph angesichts dieser Situation wissen. Er erklärt: «Es ist wichtig, sich nicht der Evolution der Technologie hinzugeben.» Indset refl ektiert, was die Entwicklung aus uns zu machen droht: möglicherweise willenlose Wesen, die aufgehört haben, zu denken und von Maschinen durch das Leben geschoben werden. In diesem Kontext resümiert er: «Wir müssen uns zu einer Verstandes-Gesellschaft entwickeln.» Im Gegensatz zu Nils Müller stellt Indset den Wandel nicht als etwas Schnelles dar: «Er geschieht täglich, im Kleinen, und Sie sind die Gestalter», richtet er sich an das Publikum. Denn letzten Endes, so kommen er als auch Brandes zu dem Schluss, machten Maschinen und Wirtschaft ohne den Menschen keinen Sinn.