Neue Chancen für die SB-Kasse

Mittwoch, 06. Dezember 2017

In nur zwei Jahren hat der deutsche LEH die Zahl seiner SB-Kassen mehr als verdoppelt. Das finden vor allem junge und zahlungskräftige Kunden gut.

Selbstbediener-Kassen gewinnen im deutschen Handel erheblich an Boden. Immer mehr Geschäfte bieten ihren Kunden den Service an, den Scan- und Bezahlvorgang selbst in die Hand zu nehmen. Dies zeigt eine aktualisierte EHI-Markterhebung. In zwei Jahren ist die Anzahl der Geschäfte, in denen stationäre Selbstbediener-Kassen zum Einsatz kommen, um 65 Prozent gestiegen. Waren es im Jahr 2015 noch 295, so sind es heute 488 Geschäfte.

Insgesamt verfügt der deutsche Handel über rund 3020 stationäre Self-Checkout-Kassen. «Die beachtliche Steigerung der Self-Checkout-Anwendungen innerhalb von zwei Jahren zeigt, wie bedeutend das Thema für deutsche Händler geworden ist», kommentiert Frank Horst, Autor der Studie. Dieser Anstieg macht sich besonders im klassischen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bemerkbar. Dort existieren derzeit nach EHI-Zahlen 350 Märkte (2015 waren es 150) mit rund 1450 SB-Kassen (620 in 2015). Gemessen an den fast 200 000 herkömmlichen Kassen im LEH gibt es noch Potenzial. Ausserhalb des Lebensmittelsektors sind SB-Kassen fast ausschliesslich in Möbel- und Baumärkten sowie in Sportgeschäften zu finden. Auch mobile Self-Scanning-Anwendungen sind im selben Zeitraum ähnlich stark gestiegen, um 64 Prozent. Von 25 Geschäften 2015 ist die Anzahl heute auf 41 gestiegen.

Nicht für jeden Markt geeignet

Die Experten vom EHI betonen, dass «nicht jedes Lebensmittelgeschäft und jeder Standort für Selbstbediener-Kassen geeignet sind». Diese Einschätzung teilen auch die Marktforscher von Yougov, die das Thema Self-Checkout ebenfalls unter die Lupe genommen haben: «Eine grosse Gefahr besteht für investitionswillige Händler darin, dass die teuren Systeme nicht die notwendige Nutzung finden.» Ihre Begründung: «Einige Kunden nutzen die SB-Kassen und andere Selfscanning-Angebote bereits regelmässig, aber noch gibt es eine sehr grosse Gruppe, die diesen Systemen skeptisch gegenübersteht».

Yougov geht in seinem Report «Self-Checkout» gezielt der Frage nach, was die Verbraucher überhaupt von SB-Kassen halten, welche Kundentypen diese nutzen, welche Anreize von den Nicht-Nutzern als sinnvoll erachtet werden – und mit welchen Massnahmen der Handel gerade die Skeptiker überzeugen kann.

Jüngere Verbraucher besonders affin 

Mehr als jeder Zweite der Befragten hat diese Kassensysteme schon einmal genutzt. Vor allem zwei Vorteile sprechen aus Sicht der Nutzer dafür: Die Warteschlangen sind meist kürzer, und das Bezahlen geht schneller. Gerade in Ballungszentren mit vielen Kunden mit kleinen Einkäufen, scheint sich der Einsatz von SB-Kassen zu lohnen, da hier das Argument, Zeit zu sparen, besonders schwer wiegt. Der Report zeigt aber, dass die grundsätzliche Bereitschaft, diese Kassen zu nutzen, noch deutlich höher ist als der tatsächliche Anteil der Nutzer.

Der Anteil der Potenzialgruppe ist in den jüngeren Bevölkerungsgruppen besonders gross. Und: Je höher das Nettoeinkommen, des to höher die Bereitschaft zum Selfscanning. Besonders wichtig für die Akzeptanz ist die Möglichkeit, an den SB-Kassen bar zahlen zu können. Drei von vier SB-Kassen-Nutzern zahlen auch heute noch am liebsten mit Bargeld. 30 Prozent der von Yougov Befragten geben an, dass sie SB-Kassen verstärkt nutzen würden, wenn Barzahlung möglich wäre. Und auch eine einfachere Bedienung der Systeme würden sich Viele wünschen.

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Info

Pionier auf diesem Sektor ist real, das als erstes deutsches Unternehmen schon im Jahr 2003 SB-Kassen für den Dauereinsatz installiert und später an seinen Standorten ausgerollt hat. Auch andere MARKANT Mitglieder arbeiten mit SB-Kassen oder Selfcanningsystemen (SCO = mobile Scanner, mit denen Kunden die Ware schon beim Hineinlegen in den Einkaufskorb scannen). Bartels-Langness setzt in seinen famila SB-Warenhäusern schon seit vielen Jahren auf SB-Kassen, Kaufland bietet diese Systeme inzwischen in mehreren Häusern an, Tegut und dm Drogeriemarkt testen ebenfalls. Als erster Unternehmensbereich der Globus-Gruppe hatte Globus Tschechien 2013 das Self-Scanning-Konzept „Scan&Go“ eingeführt. Seit Oktober 2016 ist der Roll-Out abgeschlossen, und die Kunden können in allen 15 Märkten mit insgesamt 1 800 Handscannern schon während des Einkaufs ihre Produkte selbst einscannen und an einer der insgesamt 81 Scan&Go-Kassen bezahlen. Im Dezember 2016 hat Globus das mobile „Scan-as-you-shop“-System in einem Markt im Stadtbezirk Moskau eingeführt. In Deutschland bieten 15 Globus SB-Warenhäuser und zwei Globus Baumärkte das mobile „Scan&Go“-Verfahren (Stand August 2017) an; der Rollout an weiteren Standorten läuft.

 

Tipps

Die Autoren der Yougov-Studie* leiten aus der Verbraucherbefragung Empfehlungen für den Einsatz von SB-Kassen ab.
  1. Entscheiden Sie über die Einführung von SB-Kassen mit guter Kenntnis Ihrer Zielgruppe und schätzen Sie so das Potenzial ein. Die Einführung von SB-Kassen, die nicht mit guter Auslastung genutzt werden, verschwendet immense Ressourcen. Wenn der Einsatz für Ihre spezifische Zielgruppe (z. B. aufgrund der durchschnittlichen Einkaufsmenge, der Zusammensetzung der Altersgruppen etc.) keinen Vorteil ergibt, ist ein Verbleib bei herkömmlichen Kassensystemen der beste Weg.
  2. Erfüllen Sie die wichtigsten Anforderungen der Kunden: Gefragt nach den Anreizen, die Systeme häufi ger zu nutzen, nennt fast jeder Zweite «eine grössere Verbreitung in Geschäften» sowie «einfacher zu bedienende Systeme». Eine «bessere Erklärung durch Mitarbeiter» ist nur für jeden Dritten ein Anreiz, SB-Kassen zu nutzen.
  3. Drei von zehn Nicht-Nutzern würden die Kassen nutzen, wenn es mehr Bezahlmethoden geben würde. Kommunizieren Sie deshalb deutlicher die verschiedenen Bezahlmethoden, insbesondere die Möglichkeit der Barzahlung, um möglichst viele Kunden für die Nutzung der SB-Kassen zu gewinnen.

* Für diesen Report wurden im Sommer 2017 bundesweit 2058 Personen bevölkerungsrepräsentativ zu ihrem Einkaufsverhalten und ihrer Einstellung zu SB-Kassen befragt. Diese Exklusivdaten wurden mit vorhandenen Daten aus dem YouGov Cube verknüpft und zeigen so neue Einblicke in Einstellungen, Soziodemographie und das Einkaufverhalten der (potenziellen) Nutzer von SB-Kassen.