Generation Burnout

Mittwoch, 01. Mai 2013
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Ausgebrannt und arbeitsunfähig: Burnout und Depressionen sind weit verbreitet. Unternehmen sollten zur Vorbeugung beitragen, sonst sind die finanziellen Folgen gravierend.
 

Das Kürzel auf der Krankmeldung heißt Z 73.0. So lautet die medizinische Verschlüsselung für das „Erschöpfungssyndrom“, das landläufig als Burnout Syndrom bekannt ist. Offizielle medizinische Beschreibung: „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung.“ Die Krankheitsbezeichnung Burnout existiert medizinisch nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Ansammlung ganz unterschiedlicher Symptome wie Müdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsschwäche (siehe Burnout-Checkliste rechts und als Download unten). Die Folgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber können fatal sein.

Medizinern gilt Burnout als Vorstufe zur Depression. Und die Zahl der psychisch bedingten Krankheiten steigt stetig. Im Zeitraum von 1998 bis 2009 haben die durch psychische Erkrankungen bedingten Fehlzeiten in Deutschland um 76 Prozent zugenommen. Das betont Petra Körber, die als Business- und Mental-Coach an Industrie- und Handelskammern über Burnout referiert. Hauptgründe für die Zunahme psychischer Krankheiten seien Arbeitsverdichtung, Konkurrenzdruck und lange Arbeitszeiten. Unsichere Beschäftigungsverhältnisse verschärften zudem die psychische Belastung. Prinzipiell gefährdet für Burnout sind laut Körber Personen, die sich selbst überlasten und gleichzeitig mit der Belastung durch außen überfordert sind. Bestimmte Risikogruppen gebe es hierfür nicht – „jeder ist gefährdet“. Grundsätzlich befördere die steigende berufliche Belastung das Risiko, an Burnout oder Depressionen zu erkranken. Neben dem Beruf spielten aber auch private Faktoren eine Rolle.

Herausforderung für Unternehmen

Arbeitgeber sollten auf die Herausforderung Burnout in ihren Unternehmen reagieren. „Als Chef bin ich maßgeblich­ mitverantwortlich dafür, ob meine Firma zur Brutstätte für Burnout wird oder eben nicht“, so die Expertin. Zahlreiche führende Unternehmen wie Adidas hätten­ dies bereits erkannt und gingen in puncto Burnout-Prävention neue Wege: Schließlich kosten Burnout-Fälle Unternehmen viel Geld. „Es setzt sich allmählich durch, dass Firmen betriebliches Gesundheitsmanagement betreiben“, so Körber. Hierzu gehörten Schulungen und Workshops zur Burnout-Vorsorge ebenso wie regelmäßige Mitarbeiter-Sprechstunden. Besonders begünstigt wird Burnout laut Petra Körber durch fehlerhafte Personalführung. Die Expertin appelliert daher an Unternehmer: „Schult eure Führungskräfte, denn Führung will gelernt sein.“ Vertrauen, Verständnis und Wertschätzung seitens des Arbeitgebers seien die beste Burnout-Prävention. Petra Körber: „Leider herrscht gerade in mittelständischen Betrieben aber immer noch die Mentalität vor: Nichts gesagt ist schon genug gelobt.“
Dr. Manfred Lütz, Psychiater, Chefarzt, Theologe und Bestsellerautor („Bluff – Die Fälschung der Welt, Verlag Droemer Knaur), betont, dass Burnout ein Modebegriff und keine Krankheit sei. Die Klassifizierung Z 73.0 spreche eine deutliche Sprache: „Z-Kategorien sind keine wirklichen Krankheiten, sondern eher allgemeine Lebensprobleme wie etwa mit den Nachbarn.“ Lütz sieht das Problem Burnout auch darin begründet, dass sich viele Menschen dauernd überforderten, weil sie versuchten, mehr zu sein, als sie in Wirklichkeit sind. „Wenn ein Versicherungsvertreter hervorragende Kundenkontakte schließt und zur Belohnung zum Abteilungsleiter befördert wird, dann muss er Leitungsfähigkeit haben. Die hat er möglicherweise aber gar nicht, da bringen ihm auch die ganzen Seminare wenig, auf die man ihn schickt. Der Mann hat dann überhaupt keinen Kundenkontakt mehr und wird total unglücklich, anstatt einfach wieder Versicherungsvertreter zu werden, ein bisschen weniger zu verdienen, aber glücklich zu sein.“ Lütz hält das Wort Burnout für ein Problem. Es sei wichtig, klar zu unterscheiden, was ist krank und was nicht. Betroffenen rät Lütz zu Veränderung: „Wenn jemand sich ständig überfordert, wenn er zu viel tut, wenn er keine Pausen einlegt, wenn er Tätigkeiten ausübt, zu denen er gar nicht geeignet ist, dann gilt der alte Volksspruch: Schuster, bleib bei Deinen Leisten.“

Prävention steigert Leistung

Die Argumente Arbeitsverdichtung, Konkurrenzdruck und lange Arbeitszeiten als Auslöser für Burnout lässt Lütz nicht gelten. „Im 19. Jahrhundert gab es Massenarmut, im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege – das war erheblich anstrengender als all das, was wir heute so erleben.“ Trotzdem sollten Arbeitgeber die allgemeine Klage über Belastungen am Arbeitsplatz ernst nehmen. „Burnout-Studien zeigen auch, wie man Arbeit hilfreicher organisiert, nämlich abwechslungsreicher und mit mehr Eigeninitiative“, so Lütz.
Tipps für Arbeitgeber gibt Petra Körber in ihren Vorträgen. Dabei sensibilisiert sie Unternehmer dafür, dass Burnout-Prävention dazu führe, dass Mitarbeiter leistungsfähiger und motivierter seien. „Große Unternehmen gehen als Vorreiter voran. Und was die Großen der Branche für wichtig erachten, kann in mittelständischen Unternehmen nicht schlecht sein“, so Körber.

 

 

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Burnout – Die Symptome

Ausgebrannt und arbeitsunfähig: Burnout und Depressionen sind weit verbreitet. Unternehmen sollten zur Vorbeugung beitragen, sonst sind die finanziellen Folgen gravierend. Folgende Symptome treten bei Burnout auf.

Häufig auftretende körperliche und geistige Symptome bei Burnout:

  • Müdigkeit, Erschöpfung
  • Zerstreutheit
  • Konzentrationsschwäche
  • Vergesslichkeit
  • Schlafstörungen
  • Geschwächtes Immunsystem
  • Muskelverspannungen
  • Tinnitus
  • Herz-/Kreislaufbeschwerden (erhöhtes Herzinfarktrisiko)
  • Rückenschmerzen
  • Magen-/Darmbeschwerden
  • Bluthochdruck
  • Schwindel
  • Atemnot
  • Kopfschmerzen, Migräne

Häufig auftretende emotionale Symptome bei Burnout:

  • Quälende Grübeleien
  • Innere Unruhe bis hin zu Angstzuständen und Panikattacken
  • Gefühl der Überforderung
  • Versagensängste
  • Frust
  • Aggression
  • Nachlassende Motivation und Kreativität
  • Gleichgültigkeit
  • Häufige Albträume
  • Hilf- und Hoffnungslosigkeit
  • Depressive Verstimmungen bis hin zu Depressionen
  • Sinnlosigkeitsempfinden

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