Der Kampf um die Zielgruppen

Mittwoch, 02. Mai 2018
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Um die richtigen Zielgruppen anzusprechen, muss klar sein, welche das sind. Mit Tools wie etwa Umfragen und Kundenkarten können Händler erkennen, wer zu ihnen kommt und welche Bedürfnisse ihre Kunden haben.

Der Kampf um den Kunden und um sein Geld wird härter», meint die Softwareerstellungs- und Handelsgesellschaft WIGeoGIS GmbH. «Davon ist allein schon aufgrund des bevorstehenden Bevölkerungsrückgangs bei nur leicht steigenden, vielleicht sogar stagnierenden verfügbaren Einkommen sicher auszugehen.» Deswegen, so argumentiert das Unternehmen, gewinne es für den Einzelhandel immer mehr an Bedeutung, definierte und potenzielle Zielgruppen anzusprechen. Um diese überhaupt zu erkennen, gibt es verschiedene Ansätze. Jochen Foshag, Bereichsleiter Datenerfassung für das Marken-Aktions-Preis-Informations-System der MARKANT, nennt hierzu die sogenannten Haushaltspanels. Solche Panels erstellen zum Beispiel die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) oder Nielsen. Bis zu 40 000 Haushalte in Deutschland nehmen daran teil: Sie informieren die Marktforschungsinstitute darüber, welche Produkte sie eingekauft haben und wo. Auch teilen sie mit, welche Mengen und Marken sie gewählt haben und zu welchem Preis.

Die Verbraucher im Blick

«Für Handelsketten macht es durchaus Sinn, sich die Zahlen der Haushaltspanels monatlich oder quartalsweise anzuschau-en», sagt Foshag. Kleinere Händler dagegen würden ihre Kunden meistens ohne eine solche Hilfe kennen.

Ebenfalls eruieren grössere Händler mit Hilfe von Kundenkarten etwa die Konsumgewohnheiten und das Konsumverhalten ihrer Kunden, ihre Vorlieben und Abneigungen, ihre Zahlungswilligkeit und verfügbare Kaufkraft. Händler, die nicht mit Kundenkarten arbeiten möchten, können am Point of Sale Umfragen durchführen. Dadurch können sie etwa erfahren, wie oft ein Kunde ihren Markt besucht, wie er ihn bewertet und was er dort einkauft. Je nachdem, welches Ziel die Händler mit der Umfrage verfolgen, reiche aber auch eine Abfrage der Postleitzahl des Kunden an der Kasse, erklärt Wolf Graf, Geschäftsführer bei WIGeoGIS. «So können sie etwa herausbekommen, wie gross ihr Einzugsgebiet ist und wie viel Prozent der Anwohner in den Laden kommen.» Und darauf reagieren: Kommen beispielsweise nur fünf Prozent, lohnt es sich herauszufinden, wo die anderen einkaufen. Online? Beim Mitbewerber? Dann sollte man entsprechend aktiv werden. Graf rät in diesem Fall, zum Beispiel das eigene Online-Angebot auszuweiten, sich über Sortiment oder Preis zu differenzieren. «Das muss dann durch Marketing unterstützt werden, denn den Kunden muss das spezielle Angebot ja bekannt sein», so der Geschäftsführer.

Die Konkurrenz im Blick

Das Unternehmen WIGeoGIS bietet Geomarketing an – sowohl einzelnen Läden als auch grossen Ketten. Mit diesem Werkzeug ist es möglich, Händlern Informationen über ihr Umfeld zur Verfügung zu stellen: Zunächst können die Experten bestimmen, wie gross das Einzugsgebiet eines Marktes ist. Danach ist es möglich zu eruieren, wie viele Menschen dort leben und wie viele Haushalte es gibt. Auch kann man die Haushalte nach bestimmten Kriterien wie etwa Alter, Einkommensverhältnissen sowie der Lebensphase spezifizieren. Die Daten stellt WIGeoGIS auch für einzelne Straßenabschnitte bereit.

Zudem lässt sich laut Graf ermitteln, wie sich die Kaufkraft der Anwohner auf die einzelnen Warengruppen verteilt, eben auch auf Lebensmittel. Feststellen können die Experten ausserdem, ob das verfügbare Einkommen der Anwohner im Wohngebiet bleibt, in der Fussgängerzone oder in einem Fachmarktzentrum ausgegeben wird. Letzteres ist für viele attraktiv, weil hier alle Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs an einem Ort sind.

Das Marketing im Blick

Bei einer solchen Analyse könne durchaus auch herauskommen, dass «grundsätzlich jeder Anwohner zur potenziellen Zielgruppe gehört – besonders in Bezug auf Lebensmittelmärkte», sagt Graf. Sind einzelne  Zielgruppen regional dominant, geht es um die Frage, wie sich diese binden lassen: «Leben etwa vor allem junge Familien im Umfeld, macht es Sinn, ein stark ausgeprägtes Sortiment für Babys und Kleinkinder bereitzuhalten und zu bewerben.» Auch sei es wichtig, zu erkennen, welche Geschäfte sich noch im Einzugsgebiet befinden. Diese könnten ja entweder eine Konkurrenz darstellen oder Frequenzbringer sein, wenn sie mit anders gewichteten Sortimenten Kunden in die Gegend locken.

Wer eine solche Bewertung des Standortumfelds durchgeführt hat, so Graf, der kann im Anschluss die passenden Produkte platzieren, die richtigen Schwerpunkte im Marketing setzen und seine
Aktivitäten am POS und im Umfeld besser steuern. Ein Beispiel: «Weiß ein Marktbetreiber, dass viele seiner Kunden Mitglieder oder Fans des örtlichen Fußballvereines sind, macht es für ihn Sinn, als Sponsor aufzutreten.»

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

Foto: Ben Pakalski

Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Serie

Seine Zielgruppen zu kennen bedeutet, Ansprache und Angebot optimal auf sie ausrichten zu können. Das Thema werden wir für Sie in den folgenden Ausgaben beleuchten:
 
12/17-01/18 Die Zielgruppen im Überblick 
02/18 Zielgruppen nach psychografischen Merkmalen 
03/18 Zielgruppen nach demografischen Merkmalen 
04/18 Die Shoppertypen 
05/18 Wie der LEH relevante Zielgruppen erkennt 
06/18 Wie sich die Zielgruppen von Online- und stationären Angeboten unterscheiden

 

Statement

Birgit Walker, Client Response Manager bei Nielsen, über Möglichkeiten, einzelne Zielgruppen zu erkennen.

«Man kann zum einen aus den Kassendaten Gruppen von Kassenbons bilden, die einen grossen gemeinsamen Nenner haben. Zum Beispiel könnten das Bons sein, die nur Markenprodukte enthalten oder alle Bons, die Babyartikel enthalten. Arbeitet man mit Kundenkarten, kann natürlich noch gezielter ausgewertet werden, zum Beispiel anhand der Einkaufshäufigkeit, der Höhe des Kassenbons, der Marken- und Eigenmarken-Affinität. Dennoch sind Daten nur ein Indikator dafür, wer aktuell im Geschäft einkauft. Das müssen noch nicht zwingend die Zielgruppen sein, die man vielleicht erreichen möchte. Auch das aufgebaute Image, die Kernstrategie, welche Kunden man haben möchte, und die Ausrichtung für die Zukunft sollten in die Definition mit einfliessen, welche Zielgruppen man erreichen möchte.»