Foto: Fotolia (womue)
Im zunehmend gesättigten Markt der gelben Linie sind Käse aus Ziegen- oder Schafmilch ein innovatives Wachstumssegment, das insbesondere anspruchsvolle Konsumenten anspricht. Vor allem milde Sorten sind gefragt.
Bezogen auf die produzierte Milchmenge sind Produkte aus Ziegen- oder Schafmilch Raritäten. Dennoch erfreut sich Käse aus diesen Milchsorten wachsender Beliebtheit. Laut dem britischen Marktforschungsunternehmen Mintel enthielten in Deutschland im Jahr 2018 etwa zehn Prozent aller Käseeinführungen Ziegenmilch und sieben Prozent Schafmilch. In vier Prozent aller Launches war sogar Ziegen- und Schafmilch enthalten. «Die mit Abstand meisten Ziegen- und Schafkäse-Einführungen gab es im Bereich Weichkäse mit einem Anteil von 60 Prozent», erklärt Mintel-Analystin Julia Büch.
Die Lust auf Neues
«Der Trend zu Produkten aus Schaf- und insbesondere Ziegenmilch hält an und betrifft inzwischen alle Altersgruppen», sagt Magdalena Klimczak, Group Brand Managerin bei Savencia. Zielgruppe seien vor allem Käseliebhaber, die gerne etwas Neues ausprobieren wollen und ein Faible für Spezialitäten haben. Bei Lactalis definiert man die Käuferschicht dagegen als «Feinschmecker, die auf der Suche nach intensiverem Geschmack und Authentizität für ihre Salate oder Käseplatten sind.» Ziegenkäse ermögliche die Emanzipation von der Masse, ergänzt Lars Rehmann, Marketingleiter bei Rotkäppchen Peter Jülich. «Man zeigt, dass man ein Gourmet mit feiner Zunge ist und über Geld für hochwertiges Essen verfügt.» Befeuert werde der Trend auch durch Restaurants und Hotels. «Kalte und warme Ziegenkäse-Spezialitäten sind mittlerweile fester Bestandteil der Gastronomie und werden auch beim Frühstück in Hotels angeboten», so Rehmann.
Dazu kommt der Wunsch der Verbraucher nach Tierwohl und ursprünglicher Herkunft. «Produkte aus Schaf- und Ziegenmilch verfügen über ein qualitativ hochwertiges Image: Beide Milchsorten werden als hochwertiger, authentischer und gesünder als Kuhmilch eingestuft. Zudem werden sie nicht mit Massentierhaltung in Zusammenhang gebracht», sagt Claire Grauer, Senior Brand Managerin bei der Lactalis-Marke Salakis. Eine weitere Zielgruppe sind Konsumenten, die aufgrund von Unverträglichkeiten oder besonderen Nährstoffwerten zu Ziegen- oder Schafmilchprodukten greifen. Trotz der erfolgreichen Entwicklung haftet dem Segment allerdings noch das «bockige» Image früherer Zeiten an. «Grösste Kaufbarriere ist die Befürchtung, dass Käse aus Ziegen- oder Schafmilch zu streng schmeckt», hat Magdalena Klimczak von Savencia beobachtet. Ziegen- und Schafmilch nimmt im Vergleich zu Kuhmilch schneller Umgebungsgerüche an.
Milde Sorten sind gefragt
Um den früher typischen «Stallgeschmack» zu vermeiden, werden Ziegen und Bock heute getrennt gehalten und die Ställe gut belüftet. «Durch viel Auslauf im Freien, eine gesunde, kräuterreiche Futtergrundlage und gute Stallorganisation ist der Geschmack von Ziegenmilch keineswegs «bockig», sondern sehr mild bis leicht aromatisch», erklärt Stefanie Miller, Sprecherin bei der Andechser Molkerei Scheitz. Dennoch gilt: Um massentauglich zu sein, sollte Ziegen- oder Schafkäse möglichst mild schmecken. «Produktkonzepte mit milderen Rezepturen, wie cremiger Feta-Schafkäse oder Ziegenfrischkäse, haben grosses Potenzial», heisst es bei Lactalis. Am häufigsten gekauft werden Produkte in der Sorte Natur, ergänzt Lars Rehmann von Rotkäppchen Peter Jülich. Als Wachstumstreiber gelten zudem Spezialitäten und Bio-Produkte. «Die Kategorie ist eng verknüpft mit den Trends Clean Label und Originalität», sagt Savencia-Managerin Klimczak. «Dies spricht auch die Konsumenten von Bio-Produkten an, die generell eine besondere Affinität für Ziegen- und Schafkäse haben.»
Warenkunde
Allgemeine Charakteristik:
Ziegenmilch enthält kein Carotin und Schafmilch nur wenig. Daher sind die daraus gewonnenen Käse grundsätzlich heller als Kuhmilchkäse. Je weniger Schaf- und Ziegenkäse gereift sind, desto milder ist ihr Geschmack. Vor allem Frischkäse ist besonders mild. Für Menschen mit einer speziellen Allergie gegen Kuhmilcheiweiss ist insbesondere Ziegenkäse oft besser verträglich.
Schafkäse:
Geschmack: Mild bis kräftig-würzig, wobei die leicht säuerliche Note von Schafmilch zum typischen Aroma beiträgt.
Konsistenz: Vielfältig von Frisch- bis Hartkäse.
Typische Sorten: Pecorino, Blauschimmelkäse wie Roquefort, Schafkäse-Ricotta, Etorki, viele Lakekäse wie Schafmilch-Feta, Grillkäse.
Verwendung: Pur, etwa zu Brot oder im Salat, oder als Zutat beim Kochen. Hier eignet er sich aufgrund seines Fettgehalts (Schafmilch enthält rund fünf Prozent Fett) ideal zum Überbacken von Aufläufen und Quiches. Sossen verleiht Schafkäse eine besondere, leicht würzige Note.
Ziegenkäse:
Geschmack: Fein-säuerlich mit zarter Textur, von cremig-mild bis kräftig-aromatisch.
Konsistenz: Junger Ziegenkäse ist weich und streichfähig. Mit zunehmendem Alter wird er im Geschmack intensiver.
Vielfältiges Angebot: Von Ziegenfrischkäse über Weich- und Schimmelkäse bis hin zu Hartkäse. Auch die Formen variieren. So gibt es Ziegenkäse als Zylinder-, Kegel- oder Knopfform sowie als kleine, runde Scheiben, Rechtecke oder Rollen, in Asche gewälzt oder von Edelschimmel überzogen. Zum ersten Probieren sind vor allem junge, wenig gereifte Ziegenkäse mit angenehm cremigem Mundgefühl und dezentem Aroma empfehlenswert.
Reifezeit: Sie richtet sich nach der Sorte. Ziegen-Weichkäse reifen rund ein bis zwei Wochen, Schnittkäse im Schnitt zwei Monate. Die Farbe der Rinde zeigt, wie lange der Käse schon reift: Je dunkler, desto älter und ausgeprägter ist das Aroma.
Typische Sorten: Ziegenfrischkäse, Ziegenrolle, Ziegengouda, Ziegencamembert.
Verwendung: Pur oder als Veredelung von Gerichten sowie Bestandteil von Käseplatten. In Sossen oder als Käsekruste kommt die feine Würze optimal zur Geltung. Ziegenfrischkäse lässt sich mit frischen Kräutern, Oliven oder eingelegten Tomaten, aber auch mit süssen Zutaten wie Honig oder Obst verfeinern.